Härkingen liegt am Meer

Wenn der Wolkenfahrer an der Eingangswolke vorbei fährt und an seinem Platz strandet. Hört er von Ferne
den gestrandeten Brandungsklang.
Kommt er schliesslich in die Brandung, so kann er den Klang sehen.

Härkingen liegt nun am Meer

Am Samstag wurde im Briefpostzentrum in Härkingen das Kunst-am-Bau-Projekt des Solothurner Künstlers Reto Emch eingeweiht. Dessen beeindruckendes Werk fand grosse Anerkennung und viel Zuspruch.

«Der Reto Emch hat das gut gemacht», lobte Andreas Broennimann, bei der Post als Leiter Immobilien tätig, das Kunstwerk mit dem Namen «Härkingen liegt am Meer».

Dieses wurde am Samstag im Briefpostzentrum in Härkingen eingeweiht. Vor sieben Monaten wurde der Solothurner Kunstschaffende von der Post beauftragt, sein Kunst-am-Bau-Projekt zu realisieren. «Es gelang ihm vorzüglich, nicht nur das Bauwerk zu verschönern, sondern die Architektur und die Kunst in einen Dialog zu setzen und dadurch zwischen den beiden Disziplinen eine Synthese zu finden», führte Broennimann in seiner kurzen Würdigung des sechsteiligen Werks aus.

«Briefe wie eine Wolke»

Postzentrumsleiter Christian Moesch freute sich nicht nur darüber, dass die Besucher dank dem Werkteil «Wolke Cumulus» jetzt auch den Eingang zum imposanten Gebäudekomplex finden. Ihn beeindruckte der Kontrapunkt, der mit Emchs Arbeit gesetzt wurde. An einem Ort, an dem rund um die Uhr gearbeitet wird und Pünktlichkeit, Effizienz und Produktivität gefragt sind, wurde Raum für Kunst geschaffen. Auf den Punkt brachte es Friederike Schmid, die als Projektleiterin zwischen den verschiedenen Akteuren die Fäden in den Fingern hielt: «Reto Emch gelang mit seinem Werk eine philosophische Betrachtung über die Knochenarbeit, die hier tagein und tagaus geleistet wird.»

Wie Emch auf einem Rundgang erklärte, sind es die eindrücklichen Zahlen, die ihn zum Werk inspirierten: Bis zu 5,9 Millionen Briefpostsendungen werden hier täglich sortiert. Eine Arbeit, die von gut 800 Mitarbeiter aus 43 Nationen erledigt wird. Emch: «Mir kam es vor, als ob die Briefe täglich eine Wolke bilden, die sich dann über Härkingen entleert und von dort zu den Menschen weiterfliesst.» Briefflut zur Tropfenflut 30 silberfarbene Kandelaber, bestückt mit untereinander verbunden Eimern, bilden vor dem Zentrum die «Wolke Cumulus». Wer das Gebäude betritt, begegnet zuerst dem «Wolkenfahrer» und der «Tropfenflut». Ein 2,3 mal 18 Meter grosser Digitaldruck von vielen, überdimensional vergrösserten Wassertropfen steht bei der «Tropfenflut» für die tägliche Briefflut. Der «Wolkenfahrer» ist ein Express-Lieferwagen, in dem eine Klanginstallation von Pedro Haldemann simuliert, wie es in einer Wolke tönen könnte, wenn diese sich entlädt.

Der lange Korridor wird zu einem Fluss. Sein Wasser fliesst schliesslich in Vitrinen in Trinkgläser, welche die Mitarbeiter in ihren Heimatländern besorgten. Schwebende Eimer verwandeln das sechsgeschossige Treppenhaus in einen Ziehbrunnen. Den Schlusspunkt setzt im Personalrestaurant ein Buchstabenornament. Auf einem Schriftband, das rund um den Raum führt, ist in allen Landessprachen der Mitarbeiter der Begriff für das Wort «Meer» aufgeschrieben. Das Ornament endet mit dem litauischen Begriff «Jura», welcher eine Beziehung zu den durch dieFenster sichtbaren Jurahöhen schafft.

Hanspeter Flückiger >

solothurnertagblatt.ch 14.09.09 15:17


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