Trailer und Presse: «Indien»

Trailer Indien

(Solothurner Tagblatt)

Das Schweigen der Männer

Männer sprechen lieber über Fussball als über Probleme: Das verkünden Psychoanalytiker, das bestätigen Frauen. Diese Hemmschwelle, über «gewisse Dinge» zu sprechen, wird im Stück «Indien» im Uferbau verdeutlicht.

Der eine philosophiert über alles und jenes, der andere mag «Schnipo» und Bier: Auf der Bühne im
Uferbau Solothurn treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Der «Monologist» und der Schweiger sind zusammen als Gastro-Kritiker im Mittelland unterwegs.

Anfänglich mögen sie sich nicht und doch schaffen sie es irgendwie, ein persönliches Gespräch zu
beginnen. Von Frauen ist die Rede – typisch Männer mögen diese dazu denken – und von Sex.

Heinz Bolliger (Hanspeter Bader) schenkt seiner Frau Strapse und Stöckelschuhe zu Weihnachten, bei Kurt Gerber (Jens Wachholz) ist es ein Mixer. «Du musst beim Schenken auch etwas an dich denken, sagt Bolliger zu seinem Arbeitskollegen und dieser findet, dass er das ja durchaus mache: «Ich mag Bananenfrappé und da ist ein Mixer ganz praktisch.»
Es bleibt nicht beim Gespräch über Stöckelschuhe und Mixer. Etwas tollpatschig und gleichsam behutsam nähern sich die beiden Männer einigen Tabu-Themen. Was ist, wenn Mann nicht mehr seinen Mann steht und wie mögen es eigentlich die Frauen?

Die Theatergruppe um Hanspeter Bader und Jens Wachholz verdeutlicht in der Inszenierung des Stücks «Indien» die Schwierigkeit, vom Mann sein, seine Schwächen einzugestehen und sich jemandem anvertrauen zu können.

Die Tragikkomödie ist kein Schenkelklopfer-Stück, auch wenn deftige Sprüche gemacht werden. Nebst Humor liegt ein Hauch von Selbstironie in der Luft und das Publikum erhält Einblick in das Seelenleben zweier Männer, wie sie im Alltag durchaus auch in Solothurn anzutreffen sind.

Die Inszenierung lebt stark vom Schweigen der Männer. Zuerst ist es der Wirt (Remo Reinle), der beharrlich schweigt, dann Bolliger und schliesslich der Arzt (nochmals durch Reinle dargestellt). Bolliger schafft es, sein Schweigen zu brechen und er gewinnt dadurch einen Freund.
Tabu-Thema Tod Konzept und Regie des Stücks stammen von Hanspeter Bader, Pedro Haldemann und Jens Wachholz. Die drei Männer haben das Manuskript von Josef Hader und Alfred Dorfer als Vorlage genommen und die Handlungen am Jurasüdfuss angesiedelt.

Und am Schluss der Vorführung kommt das, was bei allen Menschen irgendwann einmal kommt und so selbstverständlich ist, wie das Menschsein: die Gedanken zum Tod. Bolliger und Gerber philosophieren als Freunde darüber. Nur der Arzt hat dazu nichts zu sagen.

Ursula Grütter

solothurnertagblatt.ch 14.09.09 09:08

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(Solothurner Zeitung)

Nach der Mahlzeit winkt der Tod

Quelle: AZ

Gastrokritiker: Hanspeter Bader (links) und Jens Wachholz (rechts) boten an der Premiere von «Indien» im Kulturraum eine überzeugende Darstellung. (Urs Lindt)

Hanspeter Bader und Jens Wachholz feierten am Freitag die Premiere ihrer neuen Inszenierung «Indien» im Theater Uferbau. Was mit Komik beginnt, entwickelt sich zu einer bewegenden Geschichte über eine Männerfreundschaft mit unerwarteter Wende, die trotz allem die Bissigkeit und den Witz nicht verliert.

Heinz Bolliger und Kurt Gerber

Lea Reimann

Tatsächlich ist von der Tragik im ersten Akt nicht viel zu spüren. Zwei Gastrokritiker, die unterschiedlicher kaum sein könnten, kontrollieren Wirtshaus und Hotels, bringen kuriose Mängel an und geben skurrile Verbesserungstipps, indem sie etwa Saunageländer empfehlen oder Brandschutztüren zwischen Bad und Zimmer fordern.
Der verstockte Heinz Bolliger (Hanspeter Bader) gibt sich den Sünden des Lebens hin, trinkt gerne mal einen über den Durst, interessiert sich vor allem für die roten Strapse seiner Gattin und isst gerne frittierte Fischstäbchen und Cordon bleu. Seine etwas vulgäre Art und das dreiste Verhalten kommen bei seinem feinfühligeren und vielredenden Arbeitskollegen Kurt Gerber (Jens Wachholz) nicht gut an. Dieser lebt kultur- und gesundheitsbewusst, gönnt sich nur selten einmal ein richtiges Schnitzel und wirkt spiessig.

Die beiden Gastronomie-Experten, die sich anfangs nicht leiden können und ihre Feindschaft offen austragen, entwickeln – zuerst ohne es selbst zu merken – nach und nach eine richtige Freundschaft, die berührt und zum Nachdenken anregt, aber auch zum Lachen bringt.

Als sich dann im zweiten Teil völlig unerwartet der Tod ins Stück hineinschleicht, versuchen die beiden gemeinsam mit der letzten Diagnose umzugehen – mit Witz und Humor, Wut und Aggression, aber auch mit hilfloser Sprachlosigkeit. Die tragische Seite des Stückes lässt den polternden Anfang der dreisten Wirtshausgespräche in einem anderen Licht erscheinen und führt die Zuschauer bis zur Frage nach dem Leben nach dem Tod oder zu Gerbers Überlegung, ob man sich als Asche in einer Urne beengter fühle als im Sarg.

«In Indien zum Beispiel …»

Die emotionale Entwicklung der beiden Männer beeindruckt vor allem durch die überzeugende Darstellung von Hanspeter Bader und Jens Wachholz. Der einzige Nebendarsteller Remo Reinle beweist seine Wandelbarkeit, indem er sowohl die Rollen verschiedener Wirte als auch in jene des Arztes schlüpft.
Anders als der exotische Titel vermuten lässt, spielt das Stück nicht in Indien. Die Tragikomödie von Josef Hader und Alfred Dorfer spielt ursprünglich in Österreich, wurde für diese Inszenierung aber ins Schweizer Mittelland verlegt. Auf dem Arbeitsprogramm der beiden Gastrokritiker stehen Restaurants und Hotels in Langendorf, Laupersdorf oder Burgdorf. Dennoch wird Indien mehrmals vom neunmalklugen Kurt Gerber erwähnt, und zwar in den verrücktesten Zusammenhängen und obwohl er nie dort war. «In Indien zum Beispiel …», beginnt er seine Anekdoten, und erklärt dem anfangs uninteressierten Bolliger, dass die Leute dort nicht Schnitzel, sondern den ganzen Tag nur Reis essen und dabei lachen würden.

Weitere Aufführungen: 17., 24. und 25. September sowie am 1., 2. und 3. Oktober um 20 Uhr im Uferbau Solothurn, am 18. September um 21 Uhr im Kultur Kreuz in Nidau. Reservationen unter Tel. 032 621 20 03.

Quelle: Solothurner Zeitung

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